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Schadet die Ampelkoalition mit SPD und Grünen im Bund unserer FDP?

Ein Kommentar von Oliver Numrich, Mitglied der FDP OPR.

Die Ampelkoalition auf Bundesebene scheint der FDP nicht gut zu bekommen. Sowohl in Schleswig-Holstein, als auch in Nordrhein-Westfalen hat sie bei den Landtagswahlen Stimmen eingebüßt: im Norden 5,1% und im Westen sogar 6,7%. Im Saarland, wo vor wenigen Wochen abgestimmt wurde, verfehlten die Liberalen mit 4,8% der Stimmen erneut den Einzug ins Landesparlament. 

Was ist der Grund für das schlechte Abschneiden der Freidemokraten bei diesen ersten Landtagswahlen seit der Beteiligung an der Ampelregierung? 

Betrachtet man zunächst die landespolitische Ebene, dann muss man sich die Frage stellen: War die FDP sichtbar genug? Immerhin war sie bisher in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in Regierungsverantwortung. Warum konnten den Bürgern nicht ausreichend die Erfolge des eigenen Regierungshandeln vermittelt werden? Oder gab es zu wenig Erfolge? Wurden die Kennzeichen liberaler Politik zu wenig herausgearbeitet? Fragen, die sich die Parteifreunde vor allem in den beiden Ländern mit Regierungsbeteiligung stellen müssen. 

Aber bei jeder Landtagswahl schwingt auch die Bundesebene mit. Nicht jeder Wähler unterscheidet stringent die verschiedenen Ebenen und so wird eine Landtagswahl immer auch zu einem Stimmungstest für die Bundesebene. Und auch dort müssen sich die Mitglieder der FDP fragen, ob sie erfolgreich liberale Positionen in ihrem Regierungshandeln erkennen ließen oder vielmehr kurzerhand zum „business as usual“ übergegangen sind. Wieviel freiheitliche Ideale finden sich im Regierungshandeln der Minister Christian Lindner, Bettina Stark-Watzinger, Marco Buschmann und Volker Wissing? Hat Otto-Normalbürger von den letzten dreien überhaupt schon mal etwas mitbekommen? 

Das alte Problem der FDP, die Zuspitzung auf einen “Vorturner”, der in Politik, Medien und Öffentlichkeit die Partei repräsentiert und alle anderen Persönlichkeiten überdeckt, wird hier einmal mehr deutlich. Aber auch das Dilemma, dass es zu wenige gibt, die sich bemerkbar machen können, die gewinnende oder polarisierende, zumindest aber wahrnehmbare Persönlichkeiten wären.

Während es sich bei den drei derzeit beliebtesten Bundespolitikern allesamt um grüne Bundesminister handelt (Habeck, Baerbock, Özdemir), bringen die liberalen Minister ihre Ämter bisher nicht zum Strahlen.

Und damit kommen wir zum nächsten Problem der FDP-Regierung: Es wurden die falschen Ressorts ausgehandelt! Mit dem Finanzministerium hat man sicherlich ein mächtiges Querschnittsressort besetzt, aber beliebt macht man sich damit nicht! Zwar kann Minister Lindner eventuell irgendwann einmal Steuererleichterungen umsetzen (wenn denn die Koalitionspartner zustimmen), aber im Moment muss er entgegen den eigenen Maximen Schattenhaushalte für Sonderausgaben einrichten (euphemistisch getarnt als „Sondervermögen“) und dabei seine im Wahlkampf oft wiederholten Vorsätze über Bord werfen.

Justizministerium, um für Bürgerrechte zu streiten, okay, aber konnte sich da jemals ein Minister profilieren? Verkehr und Digitales gegen das gefürchtete Tempolimit und für digitale Transformation. Aber wo bleibt der große Wurf, die Digitalisierungsstrategie, nach der wir alle lechzen?! Wissenschaftsministerium war leider meist nur ein Quotenjob für Frauen aus jenen Bundesländern, die entsprechend Parteienarithmetik noch berücksichtigt werden müssen. Kann hier der hohe Fortschrittsanspruch der Liberalen eingelöst werden? Könnte vielleicht, aber bisher ruht er still, der See. Diese Ministerien sind gelinde gesagt unbedeutend und treten auch medial praktisch nicht in Erscheinung. Für eine mediokre Performance wählt doch niemand die FDP, oder?!

Die FDP hatte immer und mit Fortune das Außenministerium besetzt! Klassisches FDP-Ressort! Und ebenso das Wirtschaftsministerium – das ist schließlich eine liberale Kernkompetenz. Beide gingen an die Grünen, die diese nun überaus gekonnt für sich nutzen?!

Aber halt! Es gab doch ein Thema, das die Deutschen mit der FDP verbanden und dass unser Land in Atem hielt, bevor der Ukrainekrieg begann: die Corona-Pandemie. Hier hatte sich die FDP in Oppositionszeiten als Kämpfer für die Freiheit in Stellung gebracht. Ab dem Zeitpunkt der Regierungsbeteiligung bliebt davon nicht mehr viel übrig, die gesendeten Signale waren widersprüchlich und keiner wußte mehr: Ist die FDP jetzt für die Corona-Maßnahmen oder für eine schnelle Beendigung? Und wenn ja, warum tragen sie sie denn noch mit? Zwar stimmten etliche FDP-Abgeordnete gemeinsam mit denen der CDU gegen den Impfzwang, aber die Minister hielten sich so vornehm in dieser Frage zurück, dass man annehmen musste, es sei ihnen alles egal. 

Und noch ein Generaldilemma macht unserer Partei zu schaffen: Die Ampelkoalition selbst mit SPD und Grünen. Was auf Landesebene klappen kann, muss auf Bundesebene lange noch kein Erfolgsmodell sein. Zwar war offensichtlich, dass mit der desorientierten, personell und inhaltlich völlig ausgezehrten CDU unter Armin Laschet keine Regierungsbildung möglich gewesen wäre. Aber die jetzige Koalition verwirrt und verprellt die wirtschaftsliberalen, bürgerlichen Stammwähler der FDP vollends. Angesichts einer weit nach links gerückten SPD, die ihre Verbindung zu den Angestellten- und Arbeitermilieus längst gekappt hat, und einer linksliberalen, aber erstaunlich pragmatischen grünen Partei, kann die FPD ihre Funktion als fortschritts- und aufstiegsorientiertes, wirtschaftsliberales Korrektiv kaum mehr glaubhaft nachkommen. Das macht sie für viele Wähler unattraktiv, die früher mit der Erststimme CDU und mit der Zweitstimme FDP gewählt haben, um die Etatisten und Populisten bei den Konservativen etwas Einhalt zu gebieten.  

Wollen wir hoffen, dass es die Freie Demokratische Partei bis zur nächsten Landtagswahl (Herbst 2022 in Niedersachsen) schafft, ihren Markenkern, der sie von allen anderen Parteien unterscheidet, wieder laut, vernehmbar und glaubwürdig zum Klingen zu bringen. 


17. Mai 2022

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