FDP OPR
Aktuelle Beiträge

Lehren aus der Berliner Abgeordnetenhauswahl für die FDP OPR

Ein persönlicher Kommentar von Oliver Numrich.

Autsch, das tut weh: Die FDP hat mit 4,6% der Stimmen den Wiedereinzug in das Berliner Abgeordnetenhaus verpasst. Das ist für die liberale Partei bereits die vierte verlorene Landtagswahl, seitdem sie auf Bundesebene die Ampelkoalition eingegangen ist. Ist diese rot-grün-gelbe Koalition der Hauptgrund für die Abkehr der Wähler? Oder haben die befremdlichen Auftritte der FDP-Verteidigungsexpertin kurz vor der Wahl die Bürger davon abgehalten, ihr Kreuz bei der FDP zu machen?

Die Statistik

Bevor man diese bundespolitischen Einflüsse bewertet, lohnt sich ein Blick auf die Statistik. Die Wahlbeteiligung in Berlin ist von 75% in 2021 auf 63% in diesem Jahr gefallen. 12% der Wahlberechtigten sind also nicht zur Wahl gegangen. Betrachtet man die (geschätzten) Wählerwanderungen, so hat die FDP etwa 25.000 Stimmen an Nichtwähler verloren. Sie konnte ihre potentiellen Anhänger also nicht ausreichend mobilisieren.

Eine noch größeren Teil verlor die Berliner FDP aber an die CDU: 29.000 Stimmen. Über die Gründe kann man nur spekulieren, aber ganz offensichtlich war für viele eben das CDU-Angebot insgesamt attraktiver. Und wahrscheinlich spielten sowohl die aktuelle Brisanz der CDU-Kernkompetenz “Innere Sicherheit” und die größere mediale Sichtbarkeit von Spitzenkandidat Wegner, als auch die Polarisierung zwischen der CDU auf der einen und dem linken Regierungsblock aus SPD, Grünen und Linken auf der anderen Seite eine große Rolle bei den individuellen Wahlentscheidungen.

Bei einer Polarisierung in zwei gegensätzliche Lager leidet tendenziell die parlamentarische Mitte, die die FDP einnehmen möchte. Aber zur Wahrheit gehört auch: Manch einer Wähler mag angesichts der Ampel im Bund befürchtet haben, dass mit seiner Stimme für die FDP am Ende auch eine Ampel im Berliner Abgeordnetenhaus gebildet wird und dadurch SPD und Grünen erneut zur Macht verholfen würde. Die Berliner FDP hatte sich vor der Wahl jedenfalls nicht auf eine Koalition mit der CDU festgelegt.

Vor dem Hintergrund der starken Abwanderung an die CDU, gleichen Forderungen nach einer programmatischen Wendung der FDP nach links bzw. grün einem politischen Harakiri. Weder mit den roten Parteien, noch der grünen oder blauen Partei gab es einen relevanten Wählertausch.

Die Inhalte

Und damit kommen wir zu den inhaltlichen Botschaften, die unsere Freunde von der Berliner FDP aussendeten. Auf keinen Fall maße ich mir an, ihren Wahlkampf zu kritisieren. Die Aufarbeitung werden sie selbst vollziehen. Aber für unseren Kreisverband in Ostprignitz-Ruppin und die Brandenburger FDP gilt es, mögliche Fehlerquellen und Herausforderungen zu finden und daraus zu lernen.

Die Landespartei sowie die Bezirks haben ausführliche Wahlprogramme erarbeitet, die sich in weiten Teilen sehr gut lesen und richtig Lust auf liberale Politik machen. Leider werden solche Unterlagen vor allem von den politischen Wettbewerbern und einer handvoll Journalisten gelesen, aber viel zu selten von Wählern.

Vor der Wahl verkündete die Berliner FDP, eine großangelegte Verwaltungsreform anstreben und die Bezirke abschaffen zu wollen. Eine tiefgreifende und für viele überraschende Forderung. Sowohl der Ansatz, vor der Wahl eine PR-Bombe zu zünden, war gut (denn es wurde breit darüber berichtet), als auch die Straffung der Berliner Verwaltung anzugehen. Aber dieses Mediengewitter kam scheinbar aus dem nichts, da man zuvor kaum von diese Ansatz gehört hatte, und blieb ein Strohfeuer, dem zu wenig folgte. Außerdem: gerade bei den Bezirken das Messer anzusetzen hatte den Beigeschmack, die demokratische Mitwirkung an der Basis einschränken zu wollen.

Für meine Begriffe wurde in der Wahlwerbung zu wenig auf die Kernkompetenzen der FDP abgestellt, als da sind: Wirtschaft stärken und Steuern senken! Auch wenn diese Zuschreibungen mitunter wie ein Joch auf der FDP liegen (Stichwort “Besserverdiener“), sollten wir diesen wichtigen Wahlanreiz nicht vernachlässigen und für die Stärkung von Mittelstand und Handwerk sowie für die Senkung von Steuern, Abgaben und Gebühren überall da eintreten, wo wir Einfluss nehmen können.

(Der Hebesatz für die neu ermittelte Grundsteuer wird uns hier ein breites Betätigungsfeld bescheren, denn damit sollen die Menschen in Zukunft ordentlich geschröpft werden, wenn es nach SPD und Grünen geht.)

Die Wahlwerbung

Trotz einer erstaunlich hohen Dichte an Wahlplakaten ist es den Freunden von der Berliner FDP offenbar nicht gelungen, eine zentrale Kernbotschaft zu senden. Aus meiner Sicht waren die Plakate, auf denen meistens Spitzenkandidat und Fraktionsvorsitzender Sebastian Czaja mit einer Aussage zu einem Politikfeld abgebildet war, zwar von der farblichen Gestaltung auffällig, aber die Aussagen zu lang, nicht griffig und am Ende nicht mehr als Plattitüden. Zum Beispiel “Verkehrspolitik ohne toten Winkel” – darunter konnte ich mir zumindest nichts vorstellen.

Hochproblematisch finde ich es, den eigenen Kandidaten auf den Kopf zu stellen. Man denkt zuerst an Vandalismus. Wenn man aber feststellen muss, dass das Porträt gezielt falsch herum abgebildet ist, dann schadet das der Integrität des Kandidaten und der Ernsthaftigkeit seiner Anliegen.

Hieraus lernen wir als FDP OPR: kurze und prägnante Botschaften, die eine eindeutige FDP-Handschrift tragen und sich deutlich von denen der anderen politischen Mitbewerber unterscheiden. Unser guter, alter Sinnspruch “Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut” sollte in jeder Wahlwerbung mitschwingen. Nur wer klar benennen kann, was seine Unterschiede zu den anderen Parteien ist, wird Wähler überzeugen. Wie oben bereits angesprochen, konnte die Wahlwerbung offensichtlich nicht genügend FDP-Anhänger zur Wahl mobilisieren.

Zu meinem Bedauern werden die Parteifreunde in Berlin nun genug Zeit haben, um ihrerseits die verlorene Wahl genauestens zu analysieren. Vielleicht erfahren wir von dort auch noch weitere Lehren und nützliche Hinweise.

Nicht verzagen, sondern besser werden

Trotz dieser knappen Niederlage bleibe ich überzeugter Anhänger der FDP, denn sowohl die abstrakten Ziele unserer Partei wie Freiheit, Marktwirtschaft und Technikoffenheit sind mir wichtig, als auch die konkreten Ziele vor Ort, zum Beispiel die finanzielle Entlastung der Bürger und der Schutz ihrer  Selbstbestimmung, indem man übereifrige Verwaltungsbeamte und das ausufernde Staatswesen zurückdrängt.

Ich weiß aus meinen persönlichen Erleben, wie engagiert und kraftvoll sich die FDP-Minister in der Ampelkoalition sowie die FDP-Bundestagsfraktion für diese Ziele einsetzt und welche intensiven Abwehrkämpfe sie gegen ihre “Partner” Grüne und SPD führen muss. Insofern bin ich dankbar, dass es die FDP unter Christian Lindner auf sich genommen hat, das schlimmste für dieses Land zu verhindern, das uns unter Rot-Grün ereilt hätte. Auch wenn der Preis ist, dass man nicht bei jeder Wahl alle Wähler mobilisieren kann und der Einzug knapp wird, was wie bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl dazu führen kann, dass die FDP die 5%-Hürde knapp verfehlt.

Aber seien wir ehrlich: Regierungsbeteiligung im Bund führt bei fast allen Parteien zu Stimmenverlusten bei Landtagswahlen und auch die Wackelpartie an der Fünfprozenthürde ist für die FPD keine neue Erfahrung.

Die Schlussfolgerung kann nur sein, dass man seine politische Arbeit verbessert, prägnanter und überzeugender wird, um diese absehbaren Verluste auszugleichen.


13. Februar 2023

Alle Beiträge Drucken