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Was sagt der liberale Ingenieur zur Debatte über eFuels? Machen!

Oliver Numrich: Lieber Hans, in der Öffentlichkeit wird viel über Elektromobilität gesprochen, aber wenig über eFuels. Beruflich hast Du Dich als Ingenieur mit Technik auseinandergesetzt, privat bist Du nicht ein liberaler eFuels-Pionier! Bitte erkläre uns das Thema ein bisschen. Fangen wir vorn, mit der Definition, an: Was versteht man unter eFuels?

Hans Dillinger: Die deutsche Übersetzung von eFuel lautet Elektro-Sprit und ist besonders unsinnig. Ich vermute jedoch, dass es ein Oberbegriff für synthetische Kraftstoffe sein soll, aber vielleicht ist es auch nur ein Modewort, das erst noch seine Bedeutung finden muss.

Oliver: Läuft der neue Biodiesel (HVO100) auch unter dem Begriff?

Hans: HVO-Diesel ist ein synthetischer Kraftstoff für den Dieselmotor. Er wird im wesentlichen aus Restspeisefetten und Ölen produziert. Einige Hersteller habe HVO bereits für Ihre Fahrzeuge freigegeben. Ob HVO in größerer Menge bereitgestellt werden kann, ist jedoch fraglich. Eine Alternative ist der RME-Biodiesel. Er besteht aus Rapsöl und Methanol und wird in einem katalytischen Prozess hergestellt. Interessant ist, dass RME-Diesel schon vor mehr als 20 Jahren von VW im Handbuch für den Passat TDI 1.9 PD erwähnt und empfohlen wurde. In der Vergangenheit wurde oft Speiseöl als Kraftstoff für Dieselmotoren verwendet. Ich habe damals auch gelegentlich bei Aldi Rapsöl getankt. Das war jedoch nur in den Sommermonaten problemlos möglich, da Rapsöl bei Wintertemperaturen zähflüssig wird. Die Motorleistung ist auch etwas geringer als bei Diesel aus Mineralöl. Bei Verwendung von HVO soll es diese Nachteile nicht geben.

Oliver: Es wird immer so getan, als seien eFuels ganz weit entfernte Zukunftsmusik – aber Du hast damit schon vor 50 Jahren Dein Auto betankt. Kann eigentlich jeder Motor mit Methanol M100 oder einem Methanol-Wassergemisch M70 betankt werden oder müssten alle Fahrzeuge umgerüstet werden?

Hans: Es stimmt: Ich habe in den 1970er Jahren mein Auto versuchsweise mit Methanol betankt, das ich in einem Chemiefachhandel erworben habe. Die Hoffnung war eine höhere Motorleistung. Das Auto fuhr sehr gut, aber viel mehr Motorleistung hat es nicht gebracht und mit Benzin war das Autofahren billiger. Der Methanolbetrieb von Benzinmotoren war damals problemlos möglich und sollte auch heute in modernen Motoren keine Schwierigkeiten machen. In der EU ist Methanol als Kraftstoff unter dem Namen M100 bereits genormt. Sogar als Gemisch aus 70% Methanol und  30% Wasser (M70) können Autos mit Benzinmotor fahren. Ich empfehle jedoch zu prüfen, ob Methanol von den Herstellern des jeweiligen Fahrzeugs zugelassen ist.

Oliver: Demnach sind synthetische Kraftstoffe keine ferne Zukunftsvision, sondern erprobte Praxis?

Hans: In den 1940er Jahren wurde bei Flugzeugmotoren ein Methanol- Wassergemisch eingespritzt, wodurch eine Leistungserhöhung von einigen 100PS gegenüber einem reinen Benzinbetrieb erreicht wurde. Sogar mit Holzvergasern wurde damals Auto gefahren und Autogas gibt es auch heute noch an vielen Tankstellen. Methanol ist eine Bindung von Wasserstoff und Kohlenstoff; bei der Verbrennung entsteht Wasser und CO2. Es ist aber auch möglich, Wasserstoff mit Stickstoff zu binden. Hierbei erhält man Hydrazin. Das ist ein besonders energiereicher Kraftstoff, der bei der Verbrennung kein CO2 emittiert. Leider ist Hydrazin sehr giftig und ist daher für eine allgemeine Verwendung nicht geeignet. Wasserstoff, Methanol und Hydrazin können auch verwendet werden, um in einer Brennstoffzelle elektrische Energie zu erzeugen. Die Emissionen sind hierbei fast die gleiche wie bei einer Verbrennung, da vergleichbare chemische Reaktionen ablaufen. Für Kraftstoffe gibt es im wesentlichen zwei Möglichkeiten. Wir verbrennen Kohlenstoff dann entsteht CO2, oder wir verbrennen Wasserstoff dann entsteht H2O. Was wir als Verbrennung bezeichnen, ist immer eine Verbindung eines Stoffes mit Sauerstoff, wodurch thermische Energie frei wird.

Oliver: Woher könnten große Mengen eFuel kommen, wenn wir tatsächlich mehr in die Richtung denken?

Hans: Die Herstellung von Biokraftstoffen ist besonders einfach, man sät z.B. Raps, erntet, …fertig. Hierbei kann jedoch eine Konkurrenz zur Herstellung von Lebensmitteln entstehen. Auch der Import ist bedenklich, wenn Regenwälder abgeholzt werden, um Palmöl zu produzieren. Das Problem ist von der Beimischung der Benzinkraftstoffe E5 und E10 bekannt.
Methanol wird heute im wesentlichen aus Erdgas oder Kohle hergestellt. Das ergibt graues Methanol und kostet zurzeit ca. 2,50 € je Liter, wenn man ein 200 Liter Fass kauft. Methanol kann auch aus Methangas gewonnen werden, das bei Gärungsprozessen unter Sauerstoffabschluss entsteht. Es besteht auch die Möglichkeit unserer Atmosphäre CO2 zu entziehen, um daraus Methanol herzustellen. Die Atmosphäre enthält jedoch nur 0,03% CO2 und man muss lange suchen, bis man eine größere Menge gefunden und extrahiert hat. Zusätzlich benötigt man noch Wasserstoff, den man durch Elektrolyse herstellen kann. Wenn man die hierzu notwendige Energie regenerativ erzeugt, erhält man grünes Methanol, aber die Herstellung ist aufwendig und teuer. Daher ist eine wirtschaftliche Produktion nur mit Wüstenstrom denkbar.

Oliver: Warum lehnen manche, gerade Grünen-Anhänger, eFuels so vehement ab und wiegeln jede Debatte darüber ab? Sie behaupten, eFuels würden keinen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Wie schätzt Du das ein?

Hans: Bei den Bemühungen, die CO2-Emissionen zu verringern, haben alternative Kraftstoffe deutliche Vorteile. Entweder sie bestehen aus biologischen Bestandteilen, die beim Wachstum CO2 aufnehmen, bei der Verbrennung wieder abgeben und daher CO2 neutral sind. Oder sie enthalten einen hohen Anteil an Wasserstoff und es entsteht bei der Verbrennung weniger CO2, weil der Wasserstoff einen Teil der Energie liefert. Ein Vergleich von Methanol und Benzin sieht wie folgt aus:
Bei der Verbrennung von einem Liter Methanol entsteht ca. 1,3 Kg CO2. Bei der Verbrennung von einem Liter Benzin oder Diesel entstehen ca. 2,5 Kg CO2. Würde der gesamte Straßenverkehr von Benzin und Diesel auf Methanol umgestellt, könnten die CO2 Emissionen unmittelbar halbiert werden. Ein Ergebnis, das jeden Klimaschützer glücklich machen sollte. Leider ist das aber nicht der Fall, denn es wird immer noch kritisiert, dass auch bei der Verwendung von Methanol CO2 freigesetzt wird.

Oliver: Als FDP setzen wir auf Technologieoffenheit und sind gegen Diskriminierung von einzelnen Antriebstechniken – egal ob Verbrenner, Elektro oder Wasserstoff oder was auch immer, sofern sie klimafreundlicher werden. Wie siehst Du das?

Hans: Ich bin froh darüber, dass es der FDP gelungen ist, ein generelles Verbrennerverbot in der EU zu kippen. Dadurch haben wir die Möglichkeit, weitere Technologien und Herstellungsverfahren zu entwickeln, um saubere Kraftstoffe auf den Markt zu bringen, mit denen unser Verkehr in dem nächsten Jahrzenten betrieben werden kann. Bei einem Totalverbot würde jede Weiterentwicklung in diesem Bereich ausgebremst.

Oliver: Danke für das Gespräch.

Bild: Rob D via Pixabay


14. April 2024

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