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Offener Brief an Christian Lindner zur Streichung des Paragrafen 219a

Sehr geehrter Herr Lindner,

„Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“ – dieser Ausspruch von Immanuel Kant sollte gerade für uns Liberale ein unantastbares Credo sein! 

Mit Ihrem Angebot an SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke, gemeinsam für die ersatzlose Streichung des Paragraphen 219a zu stimmen, verraten Sie dieses Credo. Denn Freiheit ist nicht grenzenlos! Grenzenlose Freiheit bedeutet Werte-Nihilismus, bei dem alles erlaubt ist.  

Ich als Ärztin habe mich per Eid verpflichtet, Leben zu erhalten. Und das ungeborene Leben ist per Gesetz dem geborenen gleichgestellt. Eine wie auch immer geartete Werbung für die Tötung eines ungeborenen Kindes kann niemals der gebotenen Güterabwägung zwischen dem Recht der Frau und dem Leben des Kindes gerecht werden. Selbstbestimmung endet dort, wo ein Anderer unwiederbringlich zu Schaden kommt. Es gilt, nicht nur der Mutter, sondern auch dem Kind eine Chance zu geben.

Bei den medizinischen und ethischen Indikationen stehen die Rechte der Frau eindeutig im Vordergrund. Aber bei der sozialen Indikation – und darum geht es mir – müssen der Frau Angebote und Optionen von unabhängigen Institutionen aufgezeigt und die Zeit und der Dialog ermöglicht werden, ihre Entscheidung für sich noch einmal umfassend zu überdenken. Ich habe es in meiner eigenen Praxis schon oft erlebt, dass Frauen es später bereut haben, zu rasch einer Abtreibung zugestimmt zu haben. Nicht selten leiden sie später unter schweren Gewissensbissen und Depressionen.

Das Problem mit der sachlichen Information in so komplexen und schwerwiegenden Fragen wie dem Schwangerschaftsabbruch ist, dass bereits die Information über die Möglichkeit einer “einfachen und schonenden” Abtreibung die “Nachfrage” erhöht und eine wirklich ergebnisoffene Beratung durch die entsprechenden Stellen erschwert wird. Zudem verschwimmen insbesondere online die Grenzen zwischen Information und Werbung. 

Weder als Ärztin noch als Mitglied der FDP trage ich Ihr Angebot mit und fordere, Leben – ob geboren oder nicht geboren – zu respektieren und zu schützen.  

Dr. Gabriele Schare-Ruf

PS: Jan Fleischhauer hat im Spiegel einen sehr erhellenden Artikel zu der Schwierigkeit geschrieben, die Debatte über dieses Thema überhaupt zu führen. 


11. Dezember 2018

Als Ärztin und FDP-Mitglied ist Dr. Gabriele Schare-Ruf schockiert über das Angebot von FDP-Chef Christian Lindner an SPD, Grüne und Linke, das Werbeverbot für Abtreibungen nach §219a zu kippen.

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